(c)pixabay Myriams-Fotos
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Anfängergeist

( ein Begriff aus dem Buddhismus )

Was ist das?

 

Ein Außerirdischer wundert sich! Ein Marsmännchen umrundet in seinem Raumschiff den Planeten Erde und zoomt sich näher und noch näher, neugierig und offen, wie ein kleines Kind, was das erste Mal in ein Aquarium sieht. Kleine Kinder sind wie Forscher, erstmal nur beobachten was geschieht …

 

Wie du eine Situation wahrnimmst, hängt davon ab,

welche Seite du betrachtest.

Die Münze bleibt immer die gleiche.

Claus Mikosch

 

(c)pixabay Poswiecie
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Das geheimnisvolle Ritual

Es ist die einem besonderen Ritual geweihte Nacht des Samstags. Dieses etwas unheimliche Ritual wird von den Anhängern eines bestimmten Kultes in regelmäßigen Abständen ausgeführt. Lange vor dem eigentlichen Beginn des Rituals findet sich eine große Menge Menschen im Heiligtum ein. Es sind überwiegend Männer, aber auch Frauen und Kinder.

Offensichtlich ist viel Sorgfalt an die Planung des geometrisch angelegten Schauplatzes verwandt worden. Farbige Insignien, Fahnen, Wimpel, Dekorationsstücke sind ringsum aufgebaut, wahrscheinlich zu dem Zweck, die emotionale Spannung der Einzelnen und der Gruppe noch zu erhöhen.

Schließlich erscheinen die auserwählten und speziell vorbereiteten Akteure auf dem Kultplatz. Zwei Gruppen von je elf Männern, die ausschließlich zu diesem Ritual bestimmte Kleidung tragen, führen auf abgegrenztem Raum merkwürdige tänzerische Bewegungen aus.

Das ganze Geschehen scheint planvoll zu sein, andererseits erscheint es manchmal völlig kopflos. Und doch unterliegt das Ritual bestimmten Gesetzen. Die Männer reagieren auf musikalische Anstöße, die von einem primitiven Instrument ausgehen. Es wird gespielt von einem schwarzgekleideten Mann, der offenbar Autorität besitzt und – unterstützt von zwei Assistenten – das Geschehen leitet und beaufsichtigt.

Die große Gruppe von Menschen, die sich um den Platz versammelt hat, welcher dem Ritual vorbehalten ist, reagiert auf die Vorgänge in ihrer Mitte in einer Art Zwiegespräch. Manchmal singen sie, manchmal rufen sie, manchmal schweigen sie, manchmal halten sie ganz gebannt von dem Schauspiel – eine Zeitlang ihren Atem an.

Einige spielen Instrumente, die seltsame Töne erzeugen. Zeitweise versuchen sie das Geschehen mit Mantras, Sprechgesängen und Hymnen zu beeinflussen.

Die Anteilnahme der Zuschauer ist groß, sie fühlen und agieren wie ein Mann. Ja die Versammelten reagieren so heftig auf die emotional aufpeitschenden Vorgänge in ihrer Mitte, dass nur starke Zäune und Metallgitter sie davon abhalten können, in den geheiligten Bezirk zu taumeln.

In einer Ecke beginnen einige, sich scheinbar schon von Anfang an feindselig gesinnte Zuschauer aufeinander einzuschlagen. Offensichtlich sind sie durch das Schauspiel ganz von Sinnen geraten. Eine große Zahl von Ordnern schreitet ein und bezieht zwischen den feindseligen Parteien Position. Große Scheinwerfer beleuchten die Szene und tauchen die Akteure in ein gespenstisch unwirkliches Licht.

Zwei der Akteure prallen zusammen. Einer hat sich anscheinend verletzt und wird vom heiligen Platz getragen. Die Götter waren ihm nicht wohlgesinnt. Für ihn kommt ein neuer Mann, das Schauspiel geht weiter. Der Totem fliegt hoch in die Luft, das wird mit ohrenbetäubenden Lärm honoriert, und schließlich, mit furchtbarem Gebrüll bejubelt, landet der Ball im Tor.

Marco Aldinger – Geschichten für die kleine Erleuchtung

 

Im Leben siehst du immer nur das, was du sehen willst.

Claus Mikosch

 

Buddha im Garte
Manchmal muss man sich auf den Weg machen, um herauszufinden, was im Leben wirklich zählt.

 

Gehe mit offenen Ohren durch die Welt, damit du hörst, was das Leben dir sagen will.

Anfängergeist ist die Fähigkeit, Dinge mit anderen Augen zu sehen.

 

Der Anfänger-Geist ist voller Möglichkeiten, während der Experte nur wenige sieht.

Zen Meister Suzuki Roshi

 

Kleine Kinder sind die besten Achtsamkeitslehrer der Welt. Sie staunen über die einfachsten Dinge. Sie können sich mit einem Schlüsselbund vollkommen versunken lange Zeit beschäftigen. Sie betrachten ihn, schütteln und horchen, sie probieren wie die Schlüssel schmecken. Sie lachen und freuen sich.

Kinder sehen alles Mögliche wie zum ersten Mal. Sie sind noch nicht so vollgestopft mit Überzeugungen was richtig und was falsch ist. Sie beurteilen nicht. Kinder genießen und leben ihre Sinne aus. Sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen und haben auch noch viel Spaß dabei.

Kinder sind von Natur aus achtsam und der Inbegriff des Anfänger-Geistes.

Stell dir vor, du hast noch nie eine Mandarine gesehen. Sehe die Mandarine jetzt mit den Augen des Anfänger-Geistes. Du hast noch nie diese wunderbare Farbe gesehen, das Muster auf ihrer Oberfläche, ihre Konsistenz, ist die weich oder hart, der Duft, wie riecht sie, du kannst auch mal schütteln und horchen ob du was hörst.

Lenke deine Aufmerksamkeit auf die bewusste Wahrnehmung all deiner Sinne auf dieses runde etwas. Bleibe mehrere Minuten dabei und vielleicht bemerkst du etwas, was du vorher noch nie wahrgenommen hast. Das ist ein gutes Zeichen.

 

(c)pixabay Ben_Kerckx
(c)pixabay Ben_Kerckx

 

Wenn du im Zustand des Anfänger-Geistes bist, siehst du die Dinge neu. Du erweckst Fähigkeiten in dir, wie Neugier, Kreativität, Aufmerksamkeit, Begeisterung und Freude. Du entdeckst die Welt neu, du siehst die Welt mit den Augen eines Kindes. Jeder Augenblick kann faszinierend und neu sein. Jeder Augenblick ist anders und einzigartig.

Jeder Augenblick ist der einzige Augenblick, den du hast.

Lenke deine Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt. Lenke deine Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Augenblick, so als würdest du etwas wie diese Mandarine das allererste Mal bewusst wahrnehmen. Diese Haltung ist einfach aber doch nicht leicht. Gegenwärtig zu sein, macht frei und friedlich. Die Übung macht etwas Mühe. Doch das Geschenk ist die Kostbarkeit des Augenblicks. Das Leben findet in diesem Augenblick statt.

Ein Leben im Augenblick ist ein Leben im „HIER und JETZT“.

 

Mein heutiger Buchtipp:

 

Manchmal muss man sich auf den Weg machen, um herauszufinden, was im Leben wirklich zählt.

Lieber Leser, mögest du diesen Weg mit Mut, Freude und Begeisterung gehen.

Es lohnt sich.

Ich wünsche euch eine  Herbstwoche voller froher bunter Farben.

 Sylvia Weigl